[STARTSEITE] [VORGESCHICHTE] [2. DIE JUGENDBEWEGUNG VOR DEM 1. WELTKRIEG]
[3. DIE JUGEND IM ERSTEN WELTKRKEG UND IN DER NACHKRIEGSZEIT] 
[4. DIE BÜNDISCHE ZEIT] [ANHÄNGE]
[4.1 Der Alt-Wandervogel] [4.2 Wandervogel, Deutscher Jugendbund E.V.]
[4.3 Deutsche Freischar] [4.4 Bund Deutscher Bibelkreise] 
[4.5 Christliche Pfadfinderschaft][4.6 Katholische Jugendbewegung] 
[4.7 Arbeiterjugendbewegung]
Geschichte der deutschen Jugendbewegung
ein kurzer Überblick von Tom

4. DIE BÜNDISCHE ZEIT (l920-1933)

4.1 Der Alt-Wandervogel

In den Jahren nach dem Krieg setzte im Alt-Wandervogel eine radikale Verjüngungskur ein. Man hatte sich auf dem Bundestag im August 1919 durch Auflösung des Eltern- und Freundesrates und der Bundesstatistik vom Einfluß der Älteren befreit. Außerdem hatten alle über 20jährigen, die keine Aufgaben mehr in den Ortsgruppen erfüllten, den Bund zu verlassen. Neuer Bundesführer wurde der 25jährige Ernst Buske. Er setzte sich auch für die Teilung des AWV in einen reinen Jungenbund und einen Mädchenbund ein. Auf der Bundeswoche im März/April 1920 in Bad Sachsa wurde ein derartiger Antrag (von Leo Fußhöller) mehrheitlich angenommen und damit die Trennung beschlossen. In der Begründung des Antrages hieß es unter anderem: 

Seinem Ursprunge nach ist der WV eine Bewegung der männlichen Jugend. Die Mädchen treten erst nach verhältnismäßig langer Zeit hinein und erfassen das Wesen der Bewegung vielfach anders als die Jungen. Die gesunde Polarität von Mann und Weib wird bei dem jetzigen Verhältnis allzuleicht verwischt. Die Jungen werden geistig wieder lebendiger werden, wenn sie möglichst scharf und klar ihres Geschlechtes, ihrer männlichen Art sich wieder bewußt werden. 

Etliche der Mädchengruppen aber auch einige komplette Ortsgruppen, die mit der Trennung nicht einverstanden waren, traten daraufhin in den Wandervogel e.V. über. (hauptsächlich in Berlin, Bayern, Schwaben. 1921 tritt auch der Gau Rheinland unter Führung von Karl Oelbermann aus, der darauf den "Nerother Wandervogelbund" gründet). Der Bund schrumpfte zwar zahlenmäßig erheblich, aber die Trennung trug im starken Maße zur Festigung des bleibenden Bundes bei. Auf dem Bundestag zu Ostern 1921 legte die gesamte Bundesleitung ihr Amt nieder, Ernst Buske wurde einstimmig neu gewählt. Die Wahl aller weiteren Mitglieder der Bundesleitung blieb ihm überlassen. Nach drei sehr erfolgreichen Jahren für den Bund übergab Buske 1923 die Leitung an Georg Götsch. Auf dem Fichtelgebirgstreffen der bündischen Jugend bei Weißenstadt schlossen sich am 3./4. August 1923 der Alt-Wandervogel, der Wandervogel-Wehrbund, der Wandervogel-Jungenbund und der Schlesische Wandervogel- Jungenbund zu einem gemeinsamen Bund zusammen. Dieser trug den Namen "Wandervogel, deutsche Jungenschaft". Das Wort "Jungenschaft" hatte Rudolf Kügler (WV-Jungenbund) geprägt. Es entstand in Anlehnung an den Begriff "Jungmannschaft" der Schlesier. Eigentlich sollte das Fichtelbergtreffen einen großen Bund aus möglichst allen bündischen Gruppen zumindest vorbereiten. Doch die Unterschiede waren noch zu groß. In Opposition zu allem Politischen und Patriotischen fanden sich in der Nacht die Bundesführer der oben genannten Wandervogelbünde und beschlossen ihre Bündigung. Vom nächsten Morgen schreibt Rudolf Kneip in /2/: 

So kam es, daß sie am nächsten Tag erst verspätet auf die Kampfwiese zu den anderen Bünden zogen, die Jungenbundfahne voran, als ob es selbstverständlich wäre. Vielleicht, weil man fühlte, daß kein Bund so brennend und auch zur Selbstaufopferung bereit die Einigung ersehnt hatte. Zum Zeichen der Einheit schritten sämtliche Fahnen- und Wimpelträger an der Spitze, und dahinter marschierten die Jungen, gleich welchem Bunde sie bisher angehört hatten, bunt durcheinander, "und Pfadfinder schauten drein, als ob sie etwas verloren hätten" (Luderer), da sie wohl fühlten, sie gehörten eigentlich auch in diese Reihen. 

Die Bundesleitung des "Wandervogel, deutsche Jungenschaft" übernahm Hans Dehmel (Schlesien) und Georg Weber (Halle/Saale). Zum Jahreswechsel fand dann die erste Bundeswoche im Isergebirge statt. Dort wurde der neue Name und die Bundesleitung offiziell angenommen, Im Frühjahr l924 legte Hans Dehmel sein Amt nieder. Sein Nachfolger wurde Ernst Buske - unter der Bedingung, daß der Name in "Alt-Wandervogel, deutsche Jungenschaft" geändert wird. An der Gedenkfeier für die im Felde Gebliebenen (Langemarck- Feier), die im Juli von den "nächstverwandten Bünden, wie Neu- und Ringpfadfinder und WV aller Schattierungen" (Buske) ausgerichtet wurde, nahm die Jungenschaft nicht teil, da sie den Fahrtenbetrieb Ende Juli für wichtiger hielt. Jedoch bemerkte Buske in einem Rundbrief: 

Nach dem mir bekannt gewordenen Bericht ist die eigentliche Feier recht eindrucksvoll und würdig gewesen. Die einheitliche Gestaltung des ganzen Treffens ist leider nicht gelungen sei es deswegen, weil die Bünde zu sehr in sich verkapselt waren oder sei es, weil die Kraft nicht da war, den Willen zueinander frei zu machen.  

Hierin wird schon sehr gut deutlich, wie nah und verwandt man sich - zumindest auf der Seite des AWV/DJ fühlte. Im April 1925 fand auf Schloß Kolborn ein "Bundesarbeitslager" mit etwa 50 Studenten aus dem AWV/DJ statt. Man räumte im Park, auf dem Feld und im Haus auf und verrichtete notwendige hadwerkliche Dinge. Am Abend wurde die Gelegenheit genutzt, um im Kreise der Älteren das Werden im Bund und das Voranschreiten der Fahrtenvorbereitungen zu besprechen, und es fanden einige Vorträge von Bundespersönlichkeiten zu Themen der Jugendführung, Staat, Wirtschaft sowie zu Bundesangelegenheiten statt. Lange Verhandlungen mit dem Ziel der Einigung führten Anfang 1926 zum Zusammenschluß des Altwandervoge1, deutsche Jungenschaft mit dem Großdeutschen Pfadfinderbund (Neu- und Ringpfadfinder). Im März tritt nach Zustimmung zur Einbeziehung der Mädchen in den neuen Bund auch der Wandervogel, Deutscher Jugendbund e.V. bei. Der neue Bund trägt den Namen: "Bund der Wandervögel und Pfadfinder" (BDWUPF). Bundesführer wurde Hans Dehmel. 

Zeittafel: 
zusammen mit 4.2. 

4.2 Wandervogel, Deutscher Jugendbund E.V.

Im E.V. war der Einigungsgedanke aller Wandervögel nach wie vor besonders stark, hatten sich in ihm doch noch kurz vor dem Krieg fast alle deutschen Wandervogelbünde zusammengeschlossen, war das lang Ersehnte wahr geworden. Doch wurde der neue Bund durch den Krieg schwer getroffen. Noch nicht ganz gefestigt mußte er gleich eine besonders harte Probe bewältigen. Nach dem Krieg hatte es der Bund wesentlich schwerer als der AWV sich wieder aufzurichten. Er hatte ja noch nie eine richtige Bundesidee und eine Bundestradition. Zunächst hatte man auf Antrag hin entschieden, weiterhin Jungen und Mädchen gleichermaßen aufzunehmen. Später fand dann die Umbenennung von "WV, Bund für deutsches Jugendwandern" in "WV, Deutscher Jugendbund" statt, um auch äußerlich zu verdeutlichen, daß es einem um den Menschen an sich ging und man eine Selbsterziehungsgemeinschaft anstrebte. Hiermit wollte man auch eine Grenze zu allen lebensreformistischen Gruppen und Bünden ziehen. Im Sommer 1921 glaubte man dann den Bund soweit gefestigt, einen Bundestag abhalten zu können. Bald bahnten sich freundschaftliche Beziehungen unter den einzelnen Bundesführern an, die teilweise so lebhaft wurden, daß die sachliche Bundesarbeit darüber in den Hintergrund trat. das brachte auf dem Bundestag einen ganz neuen Kurs: Man unterschied zwischen dem Bund und der Organisation E.V. Dem Bund sollten nur all jene Gaue angehören, deren Gauwarte in freundschaftlicher Beziehung untereinander die Bundesführung bildeten. Somit standen sechs anerkannten Gauen 22 Probegaue gegenüber. Kriterium sollte nicht länger das Können sondern die Zuneigung sein. Dies zu verkraften war der E.V. unmöglich imstande. Er war auch noch nicht wieder so geeint, um der Anmaßung mit einem entschiedenen "Nein" zu begegnen. Dies führte zu einigen anderen Zusammenschlüssen unter den benachteiligten Gauen, und eine Trennung schien unumgänglich. zur Klärung der Sache wurde für Ostern 1922 nach Merseburg ein Bundesführertreffen einberufen, auf dem dann die Notauflösung des Bundes stattfand. Der Bund an sich wurde zwar nicht abgelehnt, es sollte auch kein Abrücken von den inneren Zielen sein, doch mußten die Führer ihr Unvermögen eingestehen. Die Idee des Bundes lebte aber weiter. Ziel war es den Bund nach einer Phase der Auslese und der Bewährung der einzelnen Gaue gestärkt wiederzuerrichten. Allmählich bildeten sich neue Kraftzentren, die die Stützen des neuen Bundes werden konnten. Am 2.9. 1923 - knapp eineinhalb Jahre nach der Bundesversammlung in Merseburg - entstand das "Bündnis freier Wandervogelgaue" aus den alten E.V.-Gauen Nordmark, Hessen-Weserland, Hennegau und Hessen. Bald darauf schlossen sich dem Bündnis noch weitere Gaue des alten E.V. an, daß sich von Anfang an zu einem bunten, unbeschränkten Bundesleben bekannte. Das Bündnis wurde mit der Zeit immer größer und stärker. Als es im Sommer 25 seinen alten Namen "Wandervogel, Deutscher Jugendbund E.V." wieder annahm, konnte man sagen : der alte E.V. , wie man ihn vor dem Krieg kannte, ist wieder auferstanden. 

Zeittafel für die Wandervogelbünde bis zur Gründung des Bundes der Wandervögel und Pfadfinder 

1919  Mai: Neuendorff übernimmt wieder die Führung des E.V.
      August: Bundestag des AWV auf Burg Lauenstein, Wahl Ernst
      Buskes zum neuen Bundesführer;Bundestag des E.V. in Coburg
      Herbst: Kampf  der WV-Jugend gegen Schmutz und  Schund,
      Kinosturm,  Bildung  von  Kampfausschüssen  der  örtlichen
      Jugendverbände (ab 1920 "Jugendringe")
1920  Januar: Der  "Wandervogel"  (auch "Gelbe  Zeitung")  wird
      gemeinsames Bundesblatt von AWV und E.V. , Aufruf zum Kauf
      der Burg Ludwigstein
      30.3.-4.4.: Bundeswoche des AWV in Bad Sachsa, Spaltung in
      einen Jungen- und einen Mädchenbund
      4.4.: Gründung der Jugendburg Ludwigstein als Mahnmal der
      gefallenen Wandervögel
      Pfingsten: Treffen   der  WV-Feldsoldaten  in  Kronach,
      Gründung des "Kronacher Bundes der alten Wandervögel"
      30.5.:Gauführertreffen des E.V., Neuendorff tritt zurück
      23./24.10.:Bundesvertretertag  des E.V.,  Ablehnung  der
      Trennung  in  einen  Jungen- und  einen  Mädchenbund,
      Fürsprecher des Jungenbundes treten aus
1921 1.1.:Gründung  des "Deutsch-Wandervogel" - hauptsächlich
      Gruppen  des AWV,  die wegen der Trennung von  Jungen  und
      Mädchen ausgeschieden waren
      Januar: Gründung des "Nerother Wandervogels" aus dem ehem.
      Gau Rheinland des AWV, Mitinitiator: Karl Oelbermann
      30.3.: Gründung des "Wandervogel-Jungenbundes",
      Bundesführer: Hermann Kügler
      Ostern:  Bundestag des AWV, Gegner des reinen Jungenbundes
      treten  aus; Bundesführerschaft  des E.V. wählt  Emil
      Henenberg zum Bundesleiter
      Anfang August:letzter Bundestag des E.V. in Görlitz
1922 10./11.4.:Wartburgtreffen der Wandervögel- und
      Pfadfinderbünde, Beschluß gemeinsamer Fahrten
      15./16.4.:Bundesversammlung  des E.V.  in Merseburg  und
      Auflösung des Bundes; Gründung des "WV-Wehrbundes" und des
      "Schlesischen WV-Jungenbundes" (Hans Dehmel)
      Sommer:gemeinsame Grenzland- und Auslandsfahrten der WV-
      und Pfadfinderbünde
1923  Frühjahr:Buske übergibt sein Amt an Georg Götsch (Berlin)
      August:Bundestag des  Deutsch-WV, innere Einigung,
      Teilnahme am Fichtelgebirgstreffen
      3./4.8.: Fichtelgebirgstreffen  der  bündischen  Jugend,
      AWV,WV-Wehrbund und WV-Jungenbund bilden Zusammenschluß
      2.9.: nordwestdeutsche  E.V.-Gaue gründen "Bündnis  freier
      Wandervogelgaue", Führer: Werner Kindt
      Jahreswechsel:WV-Jungenbund-Zusammenschluß hält  Bundes-
      woche ab,  neuer Name "Wandervogel, deutsche Jungenschaft"
1924  8.2.:"Hohwacht-Bündnis" von Neupfadfindern,  Reichsstand
      und Deutschwandervogel
      März: Führerschaftstreffen des "WV, Deutsche Jungenschaft",
      Dehmel  legt Amt nieder,  Buske wird  Nachvolger,  Namens-
      änderung in "Alt-Wandervogel,  Deutsche Jungenschaft"
1925  Bundestag des Bündnisses freier WV-Gaue, Beitritt weiterer
      Gaue des alten E.V., der alte Name "Wandervogel, Deutscher
      Jugendbund E.V." wird wieder angenommen
1926  Zusammenschluß  von  Altwandervogel, Deutsche Jungenschaft
      und Großdeutschen Pfadfinderbund (Neu- und Ringpfadfinder)
      kurz darauf tritt auch der WV,  Deutscher Jugendbund  E.V.
      bei.  Name "Bund der Wandervögel und Pfadfinder" (BDWUPF).
      Bundesführer wird Hans Dehmel

4.3. Die Freischar

(Im April 1927 änderte der Bund der Wandervögel und Pfadfinder seinen Namen in "Deutsche Freischar") 

Während man in anderen Bünden und Verbänden nach neuen Inhalten suchte und sich den veränderten Bedingungen anpaßte, besann man sich in der Freischar wieder mehr auf die alten Wandervogeltraditionen. Der junge Nachwuchs sehnte sich nach dem Urerlebnis der Fahrt und des Lagers in der Ferne, Dennoch gab es keinen erneuten Rückfall in die reine, naive Lebensfreude an der Natur. Die jungen Führer waren nach den Kriegserlebnissen gewillt ihren Jungen sowohl die alten Wandervogelideale weiterzugeben, als auch nationale und soziale Verpflichtungen zu vermitteln. 

Dies führte zu neuen Meinungsverschiedenheiten und Rivalitäten an deren Höhepunkt sich zwei verschiedene Richtungen herausbildeten. Das war zum einen das Streben zu reinen Jungenbünden aktivistischer Prägung und zum anderen die "gemeinschaftstrunkene Unverbindlichkeit" der Jugendringe in den größeren Städten. 

Aus der ersten Strömung bildete sich ein neues jungenschaftliches Leben unter maßgeblichen Einfluß des Neupfadfindergedankens, das der Jugendbewegung der 20'er Jahre als Vorbild galt. 

Bei den vielen verschiedenen Gruppen des BDWUPF bildete sich mit wachsender pädagogischer und politischer Notwendigkeit der Wille zur Beilegung der Rivalitäten und der endgültigen Einigung. Werner Kindt sagte in einem Aufsatz: 

in keinem der anderen Bünde war die Meinungsvielfalt selbstverständlicher, waren die landsmannschaftlichen Eigenarten ausgeprägter, die tätigen Interessen der einzelnen wie der Gruppen vielseitiger als in diesem durchaus nicht homogenen Zusammenschluß. 

Bald zeigten sich die Grenzen der eingenommenen Mittelstellung, indem der wesensverwandte "Reichsstand" ausschied und Eberhardt Koebel ausgeschlossen wurde. Um 1930 schienen die Gestaltungsmöglichkeiten endgültig erschöpft. Die aufkommende politische Krise war zugleich ein Zeichen für das Ende des auch von der Freischar gelebten politischen wie sozialen Ausstandes. 

Ein Versuch neue Antriebskräfte zu schaffen, und der wachsenden Gefährdung der bündischen Eigenständigkeit zu begegnen unternahm Hans Dehmel mit dem Aufruf zum "Aufbau eines mächtigen Bundes junger Generation". Um das Ziel zu erreichen bezog die Freischar auch konservativ-jungnationale Bünde mit ein (zuerst den "Großdeutschen Jugendbund"). Jedoch begnügte man sich mit dem organisatorisch Erreichten. An einer organischen Einheit und gegenseitgem Verständnis wurde nicht gearbeitet. Symbolisch übernahm Admiral von Trotha die Bündesführung während der alte Name "Deutsche Freischar" blieb. Mit von Trotha zog ein patriarchischer Stil in den Bund ein, gegen den sich bereits auf dem ersten gemeinsamen Führertreffen die Vertreter der alten Freischar nicht mehr durchsetzen konnten. Sie konnten auch die Aufnahme des "Bundes der Wandervögel und Kronacher" nicht mehr erreichen. Wegen Meinungsdifferenzen über von Trothas Stil trat der "Mannschaft"sführer der Deutschen Freischar von seinem Amt zurück. 

Am Jungenschaftsleben des Bundes war von den Auseinandersetzungen auf Bundesführungsebene noch nichts zu spüren. Bei den Jungen herrschte der Wille zum großen geeinten Bund. 

Im Sommer 1930 lehnte Admiral von Trotha die Forderung von Angehörigen der Alten Freischar ab, daß auch Pazifisten und Sozialisten der Gemeinschaft zuäehörig sein könnten. Das traf vor allem den "Bund der Köngener" und den "Leuchtenburgkreis", der den Sozialisten nahestand. Es kam zum Ausschluß Werner Kindts und Werner Pohls. die einen Aufruf der Deutschen Staatspartei mitunterzeichnet hatten. 

Auf dem mit Spannung erwarteten "Richttreffen" im September/Oktober 1930 konnte auf den zahlreichen Auseinandersetzungen und Debatten nicht der notwendige Konsens zwischen den Bünden erreicht werden. Der Großbund zerfiel in zwei Teile - die alte "Deutsche Freischar" und die "Freischar Junger Nation". In der "Freischar Junge Nation" blieben die "Jungnationalen" und der "Großdeutsche Bund" zusammen und bekundeten im Namen weiterhin ihre Nähe zur "Deutschen Freischar". 

Nach der Spaltung des großen Bundes trat Helmut Kittel an die Spitze einer verjüngten Bundesführung. Es wurde eine Trennung zwischen Jungen und Mädchen bis in Bundesführungsebene vollzogen. Zum Führer des "Selbständigen Bundes der Jungenschaft und jüngeren Männer" berief die Bundesführung Karl Erdmann. 

Mit dem "Bundeswerk Boberhaus" brachte sich die Deutsche Freischar 1931 in den behördlich geförderten "Freiwilligen Arbeitsdienst" ein und rief zum gemeinsamen Landdienst im Sommer 1932 auf. Mit sozialen und zunehmend auch politischen Themen wurden verschiedene "Bundesarbeitslager" ausgerichtet. Im Sommer 1932 beteiligte sioh die Freischar an der Sternfahrt der deutschen Jugend ins Burgenland. 

Zeittafel für die Deutsche Freischar und "deutsche autonome jungenschaft" tusks (dj.1.11.)

1927  Februar: Bundesführer  des BDWUPF und des  Jungnationalen
      Bundes beschließen  gemeinsame Auslandsarbeit
      März: Anschluß des Köngener Bundes
      April: im Boberhaus erstes Bundesarbeitslager
      Umbenennung des Bundes in "Deutsche Freischar"
      Oktober: Anschluß  Mädchenwandervogels an die Deutsche
      Freischar (DF)
      Dezember: "Zwiespruch" wird zum Nachrichtenblatt der DF
1928  Anstelle Dehmels übernimmt Buske das Bundesführeramt
      Oktober: der "Reichsstand" scheidet aus der DF
1929  Januar: neue Jungenzeitschrift "Briefe an die  deutsche
      Jungenschaft". Schriftleitung: Eberhardt Koebel (tusk)
      Pfingsten: Gründung  der "politischen Gilde"  auf  ersten 
      Bundestag
      Oktober: Leuchtenburgtreffen mit Thema "Partei und Jugend"
       1.11.: tusk gründet die dj.1.11. als "geheime 
      Verschwörung der schwäbischen Jungenführer"
Ende 29/Anfang 30: Arbeitswochen zu sozialen Themen
1930  Februar: Tod Ernst Buskes
      März: Berufung Dehmels zur Nachfolge
      tusk übernimmt auf eigene Faust Führung der südlichen
      Freischar
      Aufruf  Dehmels  "zum neuen Aufbruch und zum Aufbau  eines
      mächtigen Bundes der jungen Generation"
      Zusammenschluß  mit "Großdeutschem Jugendbund" wird
      zugestimmt.
      (Führer des neuen Großbundes: Admiral von Trotha)
      Ebenfalls  Bündigungsaufruf an  Deutschen  Pfadfinderbund,
      Jungnationalen  Bund,  Bund der Wandervögel und Kronacher,
      Bund der Adler und Falken
      Ausschluß  Paetels  wegen "würdeloser Presseangriffe auf
      Hindenburg"
      Köbel legt Schriftleitung der Jungenzeitschrift nieder
      Mai: Zusammenschluß mit "Großdeutschen Jugendbund"
      Ausschluß Koebels "wegen ständiger Störung  von  Bundes-
      beschlüssen, damit wird dj.1.11. eigenständiger Bund
      Pfingsten: Bereiterklärung des "Bundes der Jungnationalen"
      zur Beteiligung an der DF.  Von Trotha stimmt zu. Götsch
      (Vertrauensmann der alten DF) legt Amt nieder, wegen
      Nichteinbeziehung
      Juni: Beschluß zum "Richttreffen" im Oktober
      September: Ausschluß Kindts und Pohls
      Oktober: "Richttreffen" in Wernigerode, Spaltung des 
      Großbundes
      DF wieder selbständiger Bund der Jungenschaft und jüngeren
      Männer. Bundesführer: Helmut Kittel. Eigene Organisation
      für Frauen und  Mädchen in Bund  eingeordnet; keine
      "Mannschaft" mehr
1931  März: 7.   Bundesarbeitslager   Thema  "Der  germanische
      Lebensraum im Nordosten Europas"
      Beitritt und Wiederausschluß der dj.1.11. beim DPB
      Sommer: erster Landdienst
      Dezember: Aufruf zum gemeinsamen Landdienst der Bünde
1932  April: Bundesführertagung in Berlin. Beschluß zur Teilnahme
      an der Sternfahrt deutscher Jugend im Sommer
      vergeblicher Versuch tusks die dj.1.11. verwandten Bünden 
      anzugliedern
      Juli/August: Landdienst in deutschen Ostprovinzen mit 
      2000 Jungen
      Oktober: Führertagung: Besprechung der politischen Lage
1933  Januar: Berufung Dehmels zum pädagogischen Mitarbeiter beim
      Reichskomissar für Freiwilligen Arbeithilfsdienst
      "Jungmannschaft"-Tagung:  Abiturienten der DF verpflichten
      sich zum "freiwilligen Werkhalbjahr"

4.4 Bund Deutscher Bibelkreise

und weitere Organisationen der evangelischen Jugendarbeit 

Während der zwanziger Jahre war der Bund geprägt von der Suche nach Formen der Jugendarbeit, der Bibel im Schülerleben einen bestimmenden Platz zu verschaffen und dem ständigen Ringen um den Erhalt und Ausbau der Gemeinschaft. Einerseits wollte man bündische Formen einbringen andererseits sollte allein die Bibel das Jungenleben gestalten. Während der Auseinandersetzungen um Formen, Auftrag der Kirche und Bundesnamen wuchs und wuchs der Bund. Damit war er der lebende Beweis dafür, daß sich bündische Lebensformen und Bibel nicht ausschließen. Vor allem von den verschiedenen Arbeitsgemeinschaften aus Studenten und Schülern höherer Lehranstalten kamen immerfort neue Anstöße, Ideen und die bündischen Formen. Was anfangs noch als problematisch betrachtet wurde - die mögliche Beeinflußung des Schülerlebens durch Ältere und die scheinbare Unvereinbarkeit von Bibelarbeit und jugendgemäßen Lebensformen - war schon bald nicht mehr wegzudenken. Auf einem Lager im Sommer 1931 präsentierte sich der Bund als einheitlicher von dem Leben in den Ortsgruppen geprägter Jugendverband. Dabei war die "Jungmannschaft" der über 18jährigen fest in das Bundesleben eingefügt. Bei dieser und anderen Aktionen zeigte der Bund, daß Schülerleben, Jungenbund und Bibelarbeit in zuchtvoller Ordnung vereinbar waren. 

Der Bund Deutscher Bibelkreise war keine kirchliche Einrichtung sondern stets ein selbständiger in Kirche und Volk aktiver Jugendverband. Im Jahr 1933 hatte er eine Mitgliederzahl von 20000 erreicht. 5000 nahmen im Juni an der fünften Reichstagung teil. Sieben Monate später wird vom Staat der Übergang in die Hitlerjugend (HJ) angeordnet. Die Eingliederungsanordnung sagte aus, daß alle unter 18jährigen Mitglieder des Bundes nur aufgrund der Mitgliedschaft in der HJ diesem weiterhin angehören konnten. Da die Haltung der HJ-Führer zum Glauben und zum Erziehungsrecht der Eltern für die Bundesführung nicht tragbar waren, entzogen sie den Bund der Anordnung durch Entlassung der Jungenschaft. 

Bis 1938 konnte er noch die Zeitschrift der evangelischen Jugendbewegung "Jungenwacht" mitherausgeben. Sie diente als Kontakt und Nachrichtenblatt der im Untergrund weiterarbeitenden Bibelkreise. Anfang 1938 wurde der Bund und die Zeitschrift verboten. 

4.5 Christliche Pfadfinderschaft

Neben dem Bund Deutscher Bibelkreise und einem "Christdeutschen Jugendbund" existierte seit etwa 1910 auch eine Christliche Pfadfinderschaft (CP). Sie entstand in den Jungmännervereinen und galt auch für den Bund Deutscher Bibelkreise als Glaubens- und Tatgemeinschaft der Älteren. Nach dem Krieg und der Niederlage orientierte man sich rasch vom straff militärischen Aufbau um zur stärkeren Anteilnahme an der Linderung der sozialen Probleme. Besondere Beachtung fand speziell in Sachsen der Kampf gegen Schmutz und Schund. Man sah in dieser Aufgabe vor allem die Erfüllung der christlichen Botschaft. Diese sehr einseitige Auslegung der Bibelarbeit konnte von der Führung des sächsischen Jungmännerbundes nicht gebilligt werden. Dies führte bald zur Abspaltung einer "Tatgemeinschaft Sachsen". Sie wurde mit ihrem neuen Geist zum Vorreiter der Erneuerung in der sächsischen CP. 1921 beschloß man die Zusammenlegung aller christlichen Pfadfinderschaften in Deutschland unter dem Namen "Christliche Pfadfinderschaft Deutschlands" (CPD). Mitte 1923 begann eine wachsende Abgrenzung gegenüber dem "Christlichen Verein Junger Männer" (CVJM), die im Januar 1933 in der Trennung vom CVJM endete, da die Gegensätze und Meinungsverschiedenheiten zu groß geworden waren. 1929 hatten sich die bündischen Formen im Bund soweit entwickelt, daß sie dem Bund ihre Prägung gaben. Am 9. August 1933 trat die CPD in eine gemeinsame Arbeitsgemeinschaft mit dem Bund der Bibelkreise und dem Bund der Christdeutschen. Im Dezember entließ auch die CPD ihre unter 18jährigen aus der Gemeinschaft, um sie der Zwangseingliederung in die HJ zu entziehen. 1938 wurde die CPD von der Gestapo verboten. 

Zeittafel für den Bund Deutscher Bibelkreise und die CPD 

1919  Gründung des "Reichstreubundes alter BK'ler"
1920  Abspaltung der "Tatgemeinschaft Sachsen"  als
      Erneuerungsbewegung innerhalb der CP Sachsens
      Oktober: Abspaltung des "neuen BK" als "Bund der Köngener"
20/21 "Tatgemeinschaft Sachsen" gibt verschiedene  Kampf-
      schriften  gegen  Schmutz&Schund heraus
      - starke  Wirkung über CP hinaus
1921 1.Mai: "Tatgemeinschaft" ruft Jesus als "Führer und Herzog
     der christlichen Pfadfinder" aus
     14.-16.: erste  BK-Reichstagung auf Burg Gleichen mit 800
     Teilnehmern
     Pfingsten: Reichstagung der CP:  Forderung nach Zusammen-
     schluß im ganzen Reichsgebiet
     Juni: Reichsführertagung:  Beschluß  zur einheitlichen CPD.
     Pfadfinderkreuz gemeinsames Zeichen. Zeitschr.: "Der Pfad"
1922 März: etwa 3000 Mitglieder in CPD. Zeitschrift "Auf neuem
     Pfad" der "Tatgemeinschaft" wird zur Bundeszeitschrift
1924 August: Aussprache der CPD mit CVJM. stärkere Beteiligung
     an sozialen Aufgaben
     Sommer: Erscheinung  des "Späherbuches" zur  Vorbereitung
     der jüngeren CPD'er
1925 Juni: Teilnahme an Lager dänischer Pfadfinder
     Oktober:  Führerlager. Friedrich Duensing übernimmt Amt des
     Reichspfadfinders
1926 Oktober: Trennung von "Tatgemeinschaft Sachsens" und CPD
1927 August: Auslandsfahrten der CPD
1928 April: Führertagung auf  dem Ludwigstein. Nach
     Baltikumfahrt '27  nun Gründung von christlichen
     adfinderschaften für Estland, Lettland und Litauen
     Mai: Umbenennung des "Reichsverbandes der Leiter deutscher
     Schülerbibelkreise e.V." in "Bund Deutscher Bibelkreise"
     Sommer: erneute Baltikumfahrt der CPD
1929 Januar: neue  Satzung für Bund der  Bibelkreise  :  Bibel
     Grundlage für Glauben . Aufgabe Schülern  Christus  zu
     bezeugen
1932 Sommer: Teilnahme an Burgenlandfahrt der deutschen Jugend
1933 Januar: Austritt der CPD aus CVJM
     Juni: 5. Reichstagung des Bundes der Bibelkreise
     August: Bildung  einer  Arbeitsgemeinschaft  des  Bundes
     Deutscher Bibelkreise mit der CPD und dem  Christdeutschen
     Jugendbund. gemeins. Zeitschrift: "Jungenwacht"
1934 Anfang  des  Jahres:  Entlassung  der  Jungenschaften  der
     beiden Bünde zum Schutz vor Zwangsübernahme in HJ
     Weiterführung der ev. Gemeindejugendarbeit
1935/36 Pfingsten: Reichstreffen  der gemeinsamen  Arbeits-
     gemeinschaft
1938 Verbot der Bünde und der "Jungenwacht"

4.6 Katholische Jugendbewegung

Bei einer strengen Interpretation der Meißnerformel wäre eine katholische Jugendbewegung gar nicht möglich gewesen, da sich "freie Selbstbestimmung" und Katholizität theoretisch widersprechen. Da sowohl die Meißnerformel interpretationsfähig als auch Katholizität nicht zwangsläufig ausschließlich und monoton ist, hielt man eine solche Verknüpfung jedoch für durchführbar, was durch die Praxis bewiesen wurde. 

Beziehungen mit Bünden der freien Jugendbewegung waren so eng und fest, wie sie auch unter anderen Bünden waren - Gemeinsamkeiten herrschten über Trennendes. Wesentlicher Unterschied zu anderen bündischen Gemeinschaften und der kirchlichen Tradition bestand in der Geschlechterfrage. So gab es in der katholischen Jugend- bewegung reine Jungenbünde, Jungenbünde verbunden mit Mädchenbünden und Bünde ohne klare Geschlechtertrennung wie den Quickborn, was oft zu Spannungen mit den Landeskirchen führte. 

Für den katholischen Glauben erschloß die Jugendbewegung völlig neue Aspekte nicht mehr nur als reines Mühsal oder Treuepflicht ausgeübt zu werden, sondern in ein jugendgemäßes Leben integriert zu sein. Die katholische Jugendbewegung bot ihren Mitgliedern einen Weg zwischen dem "Ja" zum Glauben und einem gebotenen Widerstand. Ihr Anschluß an die freie Jugendbewegung war zugleich eine Anpasung an die neuen politischen Verhältnisse. 

Der Quickborn 

Um 1919 wandelte sich der Quickborn langsam vom "Kampfverein gegen den Alkoholismus" zum "katholischen Wandervogel". Die Landeskirchen kritisierten vor allem seine organisatorische Unabhängigkeit und das Nebeneinander von Jungen und Mädchen in einem Bund. Intern kam es zu Debatten um die Generationsfrage, die zur Abspaltung der Älteren unter dem Namen "Großquickborn" führte. Doch bereits auf dem Quickborntag 1921 wurde der Aufnahme von Werktätigen in den Quickborn zugestimmt, und 1924 löste sich der "Großquickborn" zugunsten eines einheitlichen Bundes wieder auf. Im selben Jahr scheiden nach heftigen Diskussionen einige völkische Gruppen aus dem Bund aus. 

Auf dem Bundesthing im April 1925 wird eine neue Bundesordnung verabschiedet, die neben der Forderung einer stärkeren Bindung an die Kirche auch die absolute Nikotin- und Alkoholabstinenz enthält. Außerdem sollten die Gruppen in einer straffen Verwaltung erfaßt werden und es erfolgte ein Verbot, Gruppen des Bundes für pädagogische, soziale und lensreformistische Zwecke einzusetzen. - Eine klare Absage an jugendbewegten Individualismus. Durch die neue Bundesordnung verlor der Bund 2000 Mitglieder und die Jungenschaft löste sich aus Protest auf. Auf dem Osterthing 1926 wurde die Bundesordnung außer Kraft gesetzt und der Bund aufgelöst. 

1927 bemühte sich der Burgleiter und verwaltende Bundesführer wieder um eine Zusammenführung der Interessen- und Generationsgruppen, die ihm gelang. Er verfaßte eine neue sehr allgemeine Bundesordnung. 

Viele der Jungen wanderten jedoch zu den neugegrüdeten "St. Georgs Pfadfindern" (1928) in die autonome Jungenschaft Koebels "dj 1.11." (1929) oder andere Interessen- und Tatgemeinschaften ab. 

Die Machtergreifung der Nationalsozialisten erlebte der Bund weitgehend unberührt, da sein Verhältnis zum Staat ein politisches Engagement weitgehend ausschloß. 1933 löste Bundes- und Burgleiter Guardini den Älterenbund auf. 1934 entstand der Quickborn als "Lebensbewegung" neu und konnte bis 1939 (teils getarnt als religiöser Verband unter Schutz des Konkordats) weiterarbeiten. 

Neben dem Quickborn existierte in der katholischen Jugend noch der "Neudeutschlandbund" (für Schüler höherer Lehranstalten), der "Jungborn" (für katholische Abstinente Jugend der Werktätigen) und die "Deutsche Pfadfinderschaft St. Georg", die jedoch seit 1933 schon nur noch teilweise arbeiten konnte. 

keine Zeittafel 

4.7 Arbeiterjugendbewegung

Zum ersten Reichsjugendtag der Sozialistischen Arbeiterjugend (SAJ) im August 1920 waren zum ersten Mal alle Mitglieder eingeladen. Er zeigte das verjüngte Wesen des Verbandes, geprägt von Liedern, Volkstänzen und Laienspielen, verkündete aber den Unterschied zur bürgerlichen Jugendbewegung, daß die Arbeiterjugend bewußt und wirkend inmitten des Lebens steht. In einer Art Gelöbnisformel heißt es: 

... Wir wollen die Neuerungen des Sozialismus durch Tat und Beispiel an unserer Jugendbewegung. 

Politische Zeichen setzte die SAJ mit der Forderung nach Gesetzen über Erziehung und Jugendarbeitsschutz und mit ihrem Bekenntnis zur Weimarer Republik sowie zur Internationale. 
Der zweite Jugendtag 1921 wirkte aufgrund der übermäßigen Beteiligung von dänischen, holländischen und schwedischen Gruppen fast international und brachte das Erlebnis der Solidarität in der Jugend. 
1922 verschmolz der "Verband der Arbeiterjugendvereine mit der "Sozialistischen Proletarierjugend" zur "Sozialistischen Arbeiterjugend Deutschlands" (SAJ). Wobei die Sozialistische Proletarierjugend mehr links einzuordnen ist und politisch aktiver war. 
Seit 1923 beteiligte man sich auch an internationalen sozialistischen Jugendtagen und Auslandsfahrten. 
In 1925 trafen sich in Hamburg 30 000 Mitglieder der SAJ zum Reichsjugendtag unter dem Thema "Die Gestaltungsaufgaben der Jugend in der grenzübergreifenden Industriewelt". 
Zum Leben der SAJ gehörten Heimabende, Bildungszirkel, Wanderfahrten sowie Hilfen für die Partei bei der Wahl aber kein direkter Eingriff in die Politik. 
Bald entstanden aber auch wieder gewerkschaftliche Jugendgruppen, das "Jungbanner" und das "Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold". Intern kämpfte man erfolgrich gegen eine weitere Linksentwicklung an und setzte die obere Altersgrenze auf 20 Jahre herauf. In der neuen Altersschicht bildeten sich dann langsam die pfadfinderhaften "Roten Falken" innerhalb der SAJ. 
Während der Weltwirtschaftskrise 1930 schuf die SAJ Einrichtungen des freiwilligen Arbeitsdienstes und beteiligte sich am Aufbau des "Sozialen Hilfsdienstes" für arbeitslose Jugendliche. 

Mit dem Anwachsen des Nationalsozialismus wurde auch die SAJ politisch aktiver. Um Mitglieder vor der Verfolgung zu schützen, lösten sich noch vor dem endgültigen Verbot einige große Bezirke selbst auf. Einige Mitglieder der SAJ beteiligten sich im starken Maße am Widerstand gegen das "Dritte Reich". 

[STARTSEITE] [VORGESCHICHTE] [2. DIE JUGENDBEWEGUNG VOR DEM 1. WELTKRIEG]
[3. DIE JUGEND IM ERSTEN WELTKRKEG UND IN DER NACHKRIEGSZEIT] 
 [4. DIE BÜNDISCHE ZEIT] [ANHÄNGE]
[4.1 Der Alt-Wandervogel] [4.2 Wandervogel, Deutscher Jugendbund E.V.]
[4.3 Deutsche Freischar] [4.4 Bund Deutscher Bibelkreise] 
[4.5 Christliche Pfadfinderschaft] [4.6 Katholische Jugendbewegung]
 [4.7 Arbeiterjugendbewegung]
© 1990-1997 Thomas Reichardt. All rights reserved.
http://www.dpvonline.de